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Zusammenfassung der PK vom 23.1.03

Absender: info@privatkopie.net

Subjekt: Zusammenfassung PK: Alternative Anhörung Urheberrechtsgesetz

Text: Presseaussendung der Initiative privatkopie.net

Zusammenfassung Pressekonferenz: Alternativen Anhörung zur Novelle des Urheberrechtsgesetzes

In der heutigen Pressekonferenz von privatkopie.net haben Vertreter von Cyber-Rights-Gruppen, Hochschulen und Bibliotheken eindringlich an die Politik appelliert, die Novelle des Urheberrechts nicht in der bisher geplanten Form umzusetzen.

Zu Beginn führten Dirk Günnewig von digital-rights-management.de und Till Kreutzer vom Institut für Rechtsfragen der Open Source Software (ifrOSS) in die technischen und juristischen Grundlage der Materie ein.

Bernd Lutterbeck, Informatikprofessor an der TU Berlin, zeigte anschließend an einem anschaulichen Beispiel auf, welche Konsequenzen die Novelle haben wird: Er hatte in der Entscheidung des Obersten US-Gerichtshof zur Bestätigung der Verlängerung der Copyrightfristen um 20 Jahre den Hinweis auf einen Artikel in der Londoner Times gefunden. Time Warner, heißt es darin, verdient an dem von zwei amerikanischen Lehrern geschriebenen Lied "Happy Birthday" jährlich rund 2 Millionen US-Dollar an Lizenzeinnahmen. Lutterbeck wollte den aus sechs Sätzen bestehenden Bericht als Kopie auf der Pressekonferenz verteilen. Das gestattete der Times-Verlag dann auch - allerdings bei 100 analogen Vervielfältigungen für stolze 50 Britische Pfund. Würde er seine Arbeitszeit hinzurechnen, so Lutterbeck, käme der Spaß auf schlappe 387 Euro, inklusive Steuern. Für den Professor ist damit klar: Das diskutierte Urheberrecht gebe den Verwertern ein Monopol an die Hand, das erlaube, absurde Preise zu verlangen. Mit der ursprünglich angestrebten "Innovationsförderung" habe das nichts mehr zu tun. Der Politik empfahl er darüber nachdenken, "ob solche Gesetze überhaupt noch Sinn machen in dieser neuen Zeit".

Auch Gabriele Beger, Vorsitzende der Rechtskommission des Deutschen Bibliotheksverbands, befürchtet in ihrem Bereich gravierende Auswirkungen. Sie beklagt, dass nicht einmal der Rahmen der EU-Richtlinie ausgeschöpft wird. Bibliotheken dürfen ihren digitalen Fundus in Zukunft nur auf Basis von Lizenzen zugänglich machen. Angesichts hoher Sätze der Lizenzgeber und langer Verhandlungszeiten sieht Beger unerschwingliche Kosten auf die Bibliotheken zukommen. Der öffentliche Auftrag, Medienkompetenz zu vermitteln und aktuelle Informationen zur Verfügung zu stellen, sei nicht mehr erfüllbar. Das fange bei einfachen Dingen wie dem Zuschicken einer Kopie eines Zeitungsartikels an. Sollten sich die Rechteinhaber bei der Lizenzierung querstellen, stünde zwar der Klageweg offen. "Aber das dauert drei bis fünf Jahre", führte Beger aus. "Ich hoffe, Sie haben dann noch Interesse an der Kopie".

John Perry Barlow, Mitgründer der Electronic Frontier Foundation, warnte eindringlich davor, durch die Novelle Verhältnisse wie in den USA heraufzubeschwören, wo bereits seit vier Jahren der von Forschern stark kritisierte Digital Millenium Copyright Act (DMCA) in Kraft ist. Die Politiker müssten sich bewusst sein, sagte der Netzaktivist, "dass Sie mit der Verabschiedung der Regelung ein Medienmonopol stark bevorzugen würden, das sich in den USA gerade zu einem privatwirtschaftlichen Totalitarismus auswächst". Dieses Übergewicht der Industrie hat laut Barlow zwei gravierende Folgen: Zum einen begünstige es ein "Realitätsverstörungsfeld", das für den demokratischen Prozess schädlich sei. Zum anderen werde die Architektur des Internet, für Barlow das "Nervensystem des menschlichen Bewusstseins", in eine Richtung verändert, die Behörden mehr Kontrolle gebe. "Das Digital Rights Management von heute ist das Political Rights Management von morgen", erklärte Barlow. Die neuen technischen Strukturen, die auch die kommenden Generationen beträfen, könnten für Zensur einfach missbraucht werden. Weiter warnte John Perry Barlow, dass die Versiegelung des menschlichen Wissens durch die von der Industrie in Stellung gebrachten "Schutztechniken" die Nachhaltigkeit der Informationsgesellschaft in Frage stelle. "In ein paar Jahren wird alles unlesbar aufgrund von Digital Rights Management ", so Barlow. "Viel wird verloren gehen".

Andy Müller-Maguhn Sprecher des Chaos Computer Clubs warnte zum Abschluss die Politik davor, nicht alle Macht an die Medienindustrie abzugeben: "Die Frage der Information wird eine Frage des Budgets". Die Regierenden würden sich aller Handlungsoptionen berauben, wenn sie der Industrie dank der Sanktionierung technischer Kopierschutzmethoden die Steuerung der zukünftigen Wissensversorgung überließen. Forscher und Bibliothekare sehen Kostenlawinen auf ihre Institute zukommen. Dies alles mit den schlimmsten Folgen für die Allgemeinheit.

Für privatkopie.net forderte Jeanette Hofmann ein Moratorium im Gesetzgebungsprozess.
In einem Entwurf, der auch die Interessen der privaten Nutzer und der Öffentlichkeit berücksichtigt, müssten Ždie bestehenden Rechte aus der analogen Welt vollständig integriert" werden. Die jetzige Zweiteilung des Gesetzgebungsvorgangs, bei dem der Schutz vor Umgehung von Kopierschutz und Digital Rights Management jetzt geregelt werde, die faktische Durchsetzbarkeit der Privatkopie aber erst irgendwann, sei inakzeptabel.


Weiter Informationen zum Thema: http://www.privatkopie.net/files/presse.htm

Initiative zur Rettung der Privatkopie
info@privatkopie.net

 


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